Österreichisches Wörterbuch

Schlawiner , der

Gauner


Art des Eintrag: Substantiv

Kategorie: Schimpfworte - liebevoll bis leicht

Erstellt am: 27.09.2003

Bekanntheit: 79%

Beurteilung: 58 | 5

Beispiel am 13.11.2005
Beispiel: Die Österreicher, diese Schlawiner, haben es also wieder einmal geschafft. [Die Presse 26.8.2004]

Kommentar am 17.05.2008
Schlawiner Ich finde, dass "Gauner" als alleinige Übersetzung zu stark ist.

  • Joseph Roth (Brief an Verleger, 1930)):"... ein merkwürdiger Mensch...ein Österreicher vom Schlag der Schlawiner"
  • Lion Feuchtwanger: "Sie waren zufrieden, wie es war. Die Zugereisten sollten sie in Ruhe lassen, die Schlawiner , die Saupreußen, die Affen, die geselchten. " ("Erfolg", 1930)
  • Feuchtwanger: * "...Schlawiner , unter welcher Bezeichnung man in jener Stadt [= München]alle zusammenfasste, die, sei es im Aussehen, sei es in der Lebensform, sei es in der Begabung, von der Norm des Mittelstandes abwichen"("Erfolg")
  • Im Zusammenhang mit Aloys Blumauer, einem österr. Schriftsteller der Aufklärung(† 1798 ) äußert sich ein Dr. Peter Frank aus Heidelberg in der "ZEIT" (16.4.98): "Ab in den Orkus des Vergessens! Dort warten schon andere Josephiner auf ihn [...] Die findet man, säuberlich aufgereiht, in den Literaturgeschichten. Die österreichischen Schlawiner waren halt ungezwungener, unbekümmerter, lustiger - wer soll das schon ernst nehmen?"
  • DWDS: "♦pfiffiger, unzuverlässiger Mensch, gerissener, kleiner Gauner ♦ Schlingel, scherzhaft (zu einem Kind)"

    Kommentar am 17.05.2008
    politisch unkorrekt
    Ich finde dieses Schimpfwort politisch nicht korrekt,
    denn es heißt ja nichts anderes als "Slowene" !



    Kommentar am 18.05.2008
    Die Widersprüche des Schriftstellers Erich Mühsam 1. März 2008, 8.05 - 9.00 Uhr, Bayern2
    "Es wird wohl 1905 gewesen sein, dass ich zum ersten Male einige Zeit angemeldeter Einwohner Münchens und selbstverständlich Schwabings war. Zum Stammlokal wurde das 'Café Stefanie' gewählt, an der Peripherie des Künstlerviertels, im Münchner Quartier latin gelegen. Hier verkehrten massenhaft Maler, Schriftsteller und Genieanwärter jeder Art, auch viele ausländische Künstler, Russen, Ungarn und Balkanslawen, kurz das, was der Münchener Eingeborene in dem Sammelnamen 'Schlawiner' zusammenfasst." ...
    [http://www.br-online.de/bayern2/bayerisches-feuilleton/bayerisches-feuilleton-archiv-ID1201189256637.xml]

    Kommentar am 18.05.2008
    kein Schlawiner
    Der Onkel meines Vaters hatte dieses Kaffeehaus gepachtet,
    als Sozialist und späterer Rotarmist der Bayrischen Räterepublik
    hat er dort auch eine persönliche Freundschaft geschlossen
    mit dem russischen Gast Wladimir Iljitsch Uljanow,
    genannt Lenin,
    der zu jener Zeit in Schwabing wohnte.

    So klein ist die Welt :-)



    Kommentar am 23.05.2013
    Ja, woher kommt's denn nu? siehe: Gfrastsackl
    Schlaucherl
    Schlawiner
    Dem Ursprung nach ist es sicher aus Österreich, jedoch mittlerweil auch in Deutschland sehr verbreitet.

    Kommentar am 23.05.2013
    Zwar kamen sie aus Österreich, doch das Wort verbreiteten andere, nicht jene selber, "die der Münchner lieblos Schlawiner nennt, ... die zum guten Teile eine recht dunkle Existenz und vielfach nicht viel lichtere Wäsche führten" ("Deutsche Kraft", 1915, S. 93. S. )
    Ob das Wort "Schlawiner, das ab der Wende 19./20. Jh. massiert auftaucht, nun von Slowenen oder Slawoniern oder von der Slowakei herrührt, was im Hinblick auf deren Bewohner am verständlichsten wäre (der Unterschied zw. "Slowakisch" und "Slowenisch" ist ja nur 1 š : Slovenčina" vs. Slovenščina) - gemeint waren jedenfalls Umherziehende, Händler, fahrendes Volk, in manchem ähnlich dem frz. "Bohèmien". Völlig daheim war das Wort in München in der Zeit zwischen den Weltkriegen (zu finden bei Ludwig Thoma, Lion Feuchtwanger, Lena Christ oder dem an der Münchner Räterepublik beteiligten Berliner Erich Mühsam, s. Kommentar von Jodo). "Münchner Bilderbogen" (Richard Riess, 1916, S.40 ): " Alles, was das Münchner Volk „Schlawiner" nannte; die langhaarigen, fremdländischen Gestalten, die Heimatlosen... Boheme? Nein, Zigeuner!" Da wurden etwa gleich auch alle Künstler "generalisierend als «Schlawiner» apostrophiert, wobei im Münchner Sprachgebrauch diese auf eine unbestimmbare slawische Topographie gründende Zuordnung ja keineswegs eine eindeutige Negativeinschätzung zum Ausdruck bringt, sondern eine durchaus freundliche Konnotation einschließt - die beinahe neidische Anerkennung achtenswerter Schlitzohrigkeit." (Richard Bauer: "Geschichte Münchens: vom Mittelalter bis zur Gegenwart", S. 133f.)
    Mittlerweile ist das Wort von Bayern längst weitergewandert:
  • Ruhrgebiet: "Aus mein kleine Furzknoten ist en echt finnigen Schlawiner geworden."
  • "Schlawiner: kleiner Gauner, Schlitzohr; 'biss mich ein Schlawiner' - oft zu Kindern, die einen Streich oder Trick zur Überraschung der Erwachsenen durchgeführt haben" © Verlag Henselowsky Boschmann [http://www.ruhrgebietssprache.de/glossar.html]
  • Welt am Montag ( 21.11.1921) : "von 'Schlawinern', von landfremden Elementen, wie heute jeder Bauer jeden Mann nennt, der da geboren ist, wohin er nicht mehr spucken kann"
  • In Schweden erlebt Folgendes eine Frauke Lüpke-Narberhaus:
  • "Was?", fragt der Busfahrer. "Hosjö!" "Was?" "Hosjö!!!" "Was?" Verflixt und zugenäht. Das kann doch nicht so schwer sein. Der Schlawiner will mich einfach nicht verstehen. ... bringt mich dazu, mal über die eigene Sprache nachzudenken. Wie erklärt man beispielsweise am besten Schlawiner? Ein Schlawiner ist ein Schlingel. Ein Schlingel ist ein Schlitzohr..."(DIE ZEIT,17.11.2006 [http://www.zeit.de/campus/2006/46/schwedische_sprache)]
  • Deutsche Schulen:
  • Interessant ist die Beobachtung von Astrid Ertelt-Vieth ("Interkulturelle Kommunikation und kultureller Wandel: eine empirische Studie zum russisch-deutschen Schüleraustausch", 2005, S. 185) hinsichtlich des Begriffspaares "Schlawiner/Schlingel" bezogen auf Kinder: "Sie werden im heutigen Deutschland kaum noch verwendet. Vor 30 Jahren und mehr, als Kinder weit weniger Freiheiten hatten, in Familie und Schule stärkere Autoritäten existierten, bedienten Eltern und Lehrer sich ihrer häufig."

    Kommentar am 15.06.2017
    (irrtümlich doppelt)

    Kommentar am 15.06.2017
    Meine 1906 geborene hessische Großmutter, die keinerlei Österreichbezug hatte, benutzte es jedenfalls auch. Ich hätte es zunächst für Jiddisch gehalten. Aber nachdem Slowenien die Heimat vieler Hausierer war (Gottscheberer), kommt's vielleicht daher. Hätte es auch eher mit "Schlitzohr" übersetzt; "Gauner" klingt zu hart.

    Um neue Kommentare einzufügen oder an einer Diskussion teilzunehmen, einfach auf das Österreichische Volkswörterbuch gehen.

    Schlawiner






    Österreichisches Deutsch definiert die in Österreich gebräuchlichen sprachlichen Besonderheiten der deutschen Sprache und ihres Wortschatzes in der hochdeutschen Schriftsprache. Davon zu unterscheiden sind die in Österreich verwendeten bairischen und alemannischen Dialekte.
    Das vom österreichischen Unterrichtsministerium mitinitiierte und für Schulen und Ämter des Landes verbindliche österreichische Wörterbuch dokumentiert das Vokabular der deutschen Sprache in Österreich seit 1951.
    Teile des Wortschatzes der österreichischen Standardsprache sind, bedingt durch das bairische Dialektkontinuum, auch im angrenzenden Bayern geläufig.
    Einige Begriffe und zahlreiche Besonderheiten der Aussprache entstammen den in Österreich verbreiteten Mundarten und regionalen Dialekten, viele andere wurden nicht-deutschsprachigen Kronländern der Monarchie entlehnt. Eine umfangreiche Anzahl rechts- und verwaltungstechnischer Begriffe sowie grammatikalische Besonderheiten gehen auf das österreichische Amtsdeutsch im Habsburgerreich zurück.
    Außerdem umfasst ein erheblicher Teil des speziell österreichischen Wortschatzes den kulinarischen Bereich; manche dieser Ausdrücke sind durch Verträge mit der Europäischen Gemeinschaft geschützt, damit EU-Recht Österreich nicht zwingt, hier fremde deutschsprachige Begriffe anzuwenden.
    Daneben gibt es in Österreich abseits der hochsprachlichen Standardvarietät noch zahlreiche regionale Dialektformen, hier im Besonderen bairische und alemannische Dialekte. Diese werden in der Umgangssprache sehr stark genutzt, finden aber keinen direkten Niederschlag in der Schriftsprache.